Das Feuerlöschwesen in der Kernstadt (1500-1875)
Frühe Einrichtung von Feuerwachen in Lich
Wie alten Urkunden und Überlieferungen zu entnehmen ist, musste das Feuerlöschwesen in unserer Stadt schon früh organisiert werden, denn im Mittelalter entwickelte sich das Dorf Lich zu einer Festung, in der die Gebäude recht eng beieinander standen und durch Aufbau und Tätigkeit von Handwerk und Handel oft Gefahren für die Bürger heraufbeschworen. Man richtete Feuerwachen ein, die nachts durch die engen Gassen patrouillierten oder im Rathaus oder in besonderen Wachstuben stationiert waren. Als um das Jahr 1500 der knapp 50m hohe Festungsturm, das Licher Wahrzeichen, errichtet wurde, bestimmte man ihn als Ort der Wache und des Ausgucks, zumal die Stadt damals einen ständigen Turmwächter verpflichtet hatte. Bemerkte der Turmwächter einen Brand, so alarmierte er die Bevölkerung durch ein Signal und gab durch ein Sprachrohr die Lage des Brandherdes bekannt. Mittels einer roten Feuerfahne oder einer roten Laterne zeigte er gleichzeitig die Richtung der Brandstätte an. In späteren Jahren wurde das Signal durch das Läuten der Feuerglocke ersetzt.
Standesherrliche Maßnahmen zur Feuerverhütung und Brandbekämpfung
Die Zunahme der Brandkatastrophen, die meistens viel Not und Elend über die Stadtbewohner brachten, veranlassten auch die Standesherren, sich mit Maßnahmen zur Feuerverhütung und der Brandbekämpfung zu befassen. In einfachen, für die heutige Zeit fast unverständlich klingenden Verordnungen versuchte man eine Art Feuerlöschordnung aufzubauen. Feuerrotten mussten gebildet werden, und es gehörte zu den Aufgaben der Gemeinde, auch Spritzen anzuschaffen. Die Aufsicht über die Feuerwache und über das damalige' gesamte Feuerlöschwesen oblag dem Stadtschultheißen, der zu seiner Unterstützung auch den Stadthauptmann heranzog. Während in frühester Zeit die Brandbekämpfung durch die gegenseitige Hilfe der Stadtbewohner recht primitiv ausgeübt wurde, konnten jetzt die Feuerrotte und die Spritze zu einer wirkungsvolleren Brandbekämpfung eingesetzt werden. So wird um das Jahr 1750 von zwei städtischen Feuerrotten berichtet, die bereits mit je einer Spritze, zwei Feuerleitern, drei Feuerhaken und 18 Feuereimern ausgestattet waren. Diese Feuerrotten dürften wohl als Vorläufer unserer heutigen Feuerwehr anzusehen sein.
Von besonderer Bedeutung ist eine im Jahr 1767 erlassene Feuerordnung, die umfassende Bestimmungen über den damaligen baulichen Brandschutz und über die Brandbekämpfung enthielt. So wurde die Errichtung von Stroh- und Schindeldächern verboten. Alle Schornsteine und Kamine mussten jährlich zweimal auf Feuersicherheit überprüft werden. Die Aufbewahrung von feuerfangenden Waren in unmittelbarer Nähe von Schornsteinen und Kaminen wurde untersagt. Selbst das Tabakrauchen in den Kammern, wo Betten standen, auf den Straßen und Höfen, wo sich Miststätten befanden, in Ställen, Scheunen und Heuböden war verboten. Es wurde in dieser Feuerordnung auch verfügt, dass in allen Haupt- und ansehnlichen Städten Feuerspritzen anzuschaffen waren. Dem Spritzenmeister wurde auferlegt, die Spritze alle Vierteljahr auszuprobieren und die ordnungsgemäße Pflege der Lederschläuche und der sonstigen Geräte zu überwachen.
Mit dem Zeitalter der Industrialisierung und der dadurch bedingten Umschichtung in der Bevölkerung vernachlässigten viele Bürger jedoch ihre Pflichten oder versuchten diese auf andere abzuwälzen. Das bisherige System der Pflichtfeuerwehr zeigte dadurch erhebliche Mängel. Auch fehlte es oft an einer zielbewussten Leitung. Es war daher nur eine Frage der Zeit, wie lange die Feuerwehr des alten Systems noch bestehen sollte.